Sehbehinderte Kinder und Erwachsene im Straßenverkehr

Selbstbetroffenen

Wie wahrscheinlich jedes andere Kind auch, habe ich mit 4 Jahren das Radfahren gelernt. In diesem Alter gibt es sowieso keine Schwierigkeiten, da immer jemand dabei ist.
Mit etwa 7 Jahren fuhren meine Freundinnen im Sommer jeden Tag in den nächsten Ort zum Schwimmen. Leider ohne mich. Eine furchtbare Zeit begann, als ich 18 Jahre alt wurde und alle anderen machten den Führerschein. Ich saß öfter am Wochenende zu Hause, weil wieder einmal niemand daran gedacht hat, daß ich keinen Führerschein habe. Von meinen Eltern wollte ich mich auch nicht jedesmal nachfahren lassen. Als ich dann meinen Mann kennenlernte, war das Thema aus der Welt. Was nicht heißen soll, daß ich nicht jeden Tag mit meiner „Behinderung“ konfrontiert werde.

Zum Beispiel:
Wir sind eingeladen – mein Mann darf nie etwas trinken, weil er ja noch fahren muß.
Lebensmittel Großeinkauf – wer hat Zeit?
Bekannte besuchen – Entfernung 10 km – wer fährt?
Geschäftliche Termine – meine Schwester muß fahren.
Stadtbummel – Schwimmen fahren – wer? usw.

Manchmal ist es ziemlich frustrierend immer jemand zu fragen: Hast du Zeit? Kannst du? Fährst du mich bitte?

Ich habe Glück, daß mich mein Mann und meine Schwester jederzeit fahren, wenn sie Zeit haben.

Vor ca. 5 Jahren wollte ich mir ein Mofa kaufen, aber mein Augenarzt riet ab, weil ich wegen meiner Sehbehinderung, bei einem Unfall Teilschuld hätte. Ich sollte nicht einmal Radfahren. Trotzdem fahre ich in die Arbeit und zum Einkaufen damit, was ich mir in der Stadt nie zutrauen würde.

Vielleicht denken Sie jetzt, daß ich mit meiner „Behinderung“ nicht klar komme, das ist ganz und gar nicht der Fall. Ich habe diesen Bericht nur geschrieben, weil das Problem bestimmt auf alle Kinder mit Albinismus zukommt. Sie als Eltern können sich vielleicht jetzt schon überlegen, was Sie antworten, wenn Ihr Kind zu Ihnen kommt und fragt:

Warum sehe ich schlecht, und nicht meine Geschwister ?
Ich habe 3 Schwestern die „normal“ sind.

B.K. 1998